„Es ist seliger zu geben denn zu nehmen.“ Dieses biblische Zitat aus der Apostelgeschichte (Kapitel 20, Vers 35) vermittelt seit Jahrhunderten die Botschaft von Großzügigkeit und Selbstlosigkeit als Schlüssel zum wahren Glück. Die Weisheit fordert geradezu dazu auf, über den Wert des Gebens im eigenen Leben nachzudenken. In einem schnelllebigen Alltag, der oft von Individualismus und Wettbewerb geprägt ist, stellen sich folgende Fragen: Hat dieser Grundsatz der Selbstlosigkeit heute noch Bestand? Kann in unserer modernen Gesellschaft, in der (vermeintlich) das Streben nach persönlichem Erfolg und materiellem Gewinn vorherrscht, das selbstlose Geben tatsächlich zu tieferer Zufriedenheit führen?
Geben und Nehmen im Alltag
Mehr Einkommen, mehr Konsumgüter, mehr Macht: Ein solches Mindset kann zu einem Wettbewerbsgeist führen, der zwischenmenschliche Beziehungen und das Gemeinwohl untergräbt. Haben kommt von Nehmen: So einfach kann es sein. Und Beispiele für Nehmer-Orientierungen gibt es viele:
- Konsum: Das ständige Streben nach dem neuesten Smartphone, dem größeren Fernseher oder dem neuesten Modetrend, oft getrieben von der Werbung und dem Wunsch, den Lebensstandard stetig zu erhöhen
- Soziale Medien: Das Sammeln von Likes, Followern und positiven Kommentaren als Selbstwertquelle, ohne echte zwischenmenschliche Verbindungen oder Unterstützung zu bieten
- Ressourcenausbeutung: Übermäßiger Verbrauch natürlicher Ressourcen ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit oder die Auswirkungen auf zukünftige Generationen
- Ellbogenmentalität: Das Durchsetzen eigener Interessen im beruflichen oder privaten Umfeld, selbst wenn es zu Lasten anderer geht, etwa durch Informationszurückhaltung, Manipulation oder direkte Konkurrenz
- Plagiarismus und Diebstahl geistigen Eigentums: Die Aneignung fremder Leistungen, Ideen oder kreativer Werke, ohne die ursprünglichen Urheber anzuerkennen oder zu kompensieren
Die Liste lässt sich beliebig erweitern und umfasst beispielsweise auch den unfairen Handel mit deutlich zu hohen Preisen gegenüber Produzenten oder einem anderen Glied der Lieferkette.
Doch wo es Schwarz gibt, da gibt es auch Weiß. Im privaten und im beruflichen Umfeld sowie aus der Perspektive von Unternehmen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Großzügigkeit zu praktizieren. Zu nennen sind vor allem die folgenden:
Im privaten Umfeld:
- Freiwilliges Engagement in lokalen Gemeinschaftsprojekten oder Zeit für jemand, der Unterstützung benötigt
- Fähigkeiten, Wissen und Kenntnisse mit anderen teilen – sei es durch informelle Bildungsmöglichkeiten oder durch das Anleiten und Mentoring weniger erfahrener Personen
- Ein offenes Ohr und Verständnis für die Probleme und Sorgen anderer bieten, ohne sofort Lösungen zu suchen oder zu urteilen
Im beruflichen Umfeld:
- Kollegen helfen, sich weiterzuentwickeln, indem man Erfahrungen und Fachwissen teilt
- Geschäftskontakte und Empfehlungen an Kollegen oder Geschäftspartner weitergeben, die davon profitieren könnten, was die beruflichen Beziehungen stärkt und eine Kultur der Unterstützung fördert
- Leistungen und Beiträge von anderen anerkennen – sei es durch Lob, Auszeichnungen oder Beförderungen
Aus der Sicht von Unternehmen:
- Corporate Social Responsibility (CSR): Engagement in sozialen, ökologischen oder kulturellen Projekten, die über die Geschäftsinteressen des Unternehmens hinausgehen, um einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten
- Mitarbeiterförderung: Investitionen in die berufliche und persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden, beispielsweise durch Fortbildungen, Workshops oder Gesundheitsprogramme
- Nachhaltige Geschäftspraktiken: Implementierung umweltfreundlicher Verfahren und Förderung fairer Handelsbedingungen, um zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beizutragen und der Gemeinschaft und der Umwelt etwas zurückzugeben
Wissenschaftliche Erkenntnisse
Wenn sich jemand mit dem Geben auskennt, dann ist es die kanadische Forscherin Elizabeth Dunn. Sie hat sich beispielsweise mit den Auswirkungen von Geldausgeben auf das Glück beschäftigt. Und ihre Forschung enthüllt: Geld auszugeben, macht glücklicher, wenn es anderen zugutekommt. Diese Erkenntnis stützt die These, dass Großzügigkeit nicht nur moralisch erstrebenswert, sondern auch psychologisch vorteilhaft ist.
Und was haben die Hormone damit zu tun?
Großzügigkeit aktiviert im Gehirn Bereiche, die mit Belohnung und Zufriedenheit verbunden sind, und setzt Hormone wie Oxytocin und Endorphine frei. Diese sogenannten Glückshormone fördern ein Gefühl des Wohlbefindens und können Stress reduzieren. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass altruistisches Verhalten nicht nur die sozialen Bindungen stärkt, sondern auch zu einer höheren Lebenszufriedenheit führt. Im Kern bewirkt das Geben also eine hormonelle Reaktion, die uns buchstäblich glücklicher macht als das Nehmen.
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Psychologische Effekte des Gebens
Warum führt Großzügigkeit zu einem tieferen Glücksgefühl als das bloße Empfangen? Die folgenden psychologischen Mechanismen spielen dafür eine Rolle:
- Großzügige Gesten stärken die soziale Bindung. Als soziale Lebewesen erfahren Menschen eine tiefe Befriedigung, wenn sie erkennen, dass Handlungen anderen zugutekommen und sie als wertvoller Teil der Gemeinschaft wahrgenommen werden.
- Ob durch persönliche Zuwendungen oder Spenden an Organisationen: Das Bewusstsein, einen Beitrag zum Wohl anderer zu leisten, vermittelt das Gefühl, Teil von etwas Bedeutungsvollem zu sein.
- Großzügigkeit weckt Bewunderung und inspiriert zum Nachahmen. Menschen, die geben, setzen damit ein Zeichen und motivieren ihr Umfeld, ebenfalls Gutes zu tun.
- Das universelle Prinzip, dass gute Taten belohnt werden, untermauert die Idee, dass Großzügigkeit zu gegenseitiger Unterstützung führt. Und was kann es Besseres geben als ein Umfeld gegenseitiger Hilfe?
- Forschungen legen nahe, dass das Bedürfnis, für andere da zu sein und sie zu unterstützen, tief in uns verankert ist. Dieser Gemeinschaftssinn trug entscheidend zum Überleben und zum Wohlstand früherer Gesellschaften bei, die das Wohl der Gruppe über das individuelle Wohl stellten.
Die Balance finden
Geben ist seliger als nehmen. Muss ich jetzt also ständig geben und darf nichts mehr nehmen? Mitnichten! Wie immer ist es nämlich die goldene Mitte, die als Schlüssel das Schloss der Praktikabilität knacken kann. Es geht nicht darum, sich selbst zu vernachlässigen oder auszubeuten, sondern vielmehr um eine gesunde Balance, bei der auch das Empfangen seinen Platz hat.