Die Natur macht es uns vor: Da arbeiten viele einzelne Tiere perfekt als Schwarm zusammen, um einem größeren Zweck zu dienen. Jedes Tier scheint seine Aufgabe zu kennen und zu wissen, was zu tun ist. Das gilt für viele verschiedene Tierarten: Vögel, die im Winter als Schwarm gen Süden ziehen, Tiere in der afrikanischen Steppe oder Fische, die im Ozean als Schwarm unterwegs sind. Da trifft es zu, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Doch was bedeutet die Schwarmintelligenz für den Menschen? Gibt es diese Intelligenz der Gruppe auch bei uns? Dieser Beitrag klärt auf und gibt einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand zum Thema.
Schwarmintelligenz – eine Definition
Schwarmintelligenz wird auch als Kollektive Intelligenz oder Gruppenintelligenz bezeichnet. Es geht dabei um eine Form des kollektiven Lernens. Bei diesem System gelingt es Gruppen von einzelnen Individuen, gemeinsam bessere Entscheidungen zu treffen als ihre einzelnen Mitglieder. Das verschafft sowohl der Gruppe als auch den Individuen Vorteile. In der Natur ist die Intelligenz von Schwärmen alltäglich und kommt bei verschiedenen Tierarten vor – vom Vogel bis zur Biene, vom Springbock bis zur Ameise. Das Phänomen ist dabei Objekt verschiedener Forschungsrichtungen, wie der Biologie oder der Sozialwissenschaften aber auch der Informatik.
Schwarmintelligenz in der modernen Arbeitswelt
In der Natur bringt die Schwarmintelligenz Vorteile, wenn es um die Beschaffung von Nahrung oder den Schutz der Gruppe vor Fressfeinden und anderen Gefahren geht. Doch auch in der modernen Arbeitswelt ist die Schwarmintelligenz vorhanden und bringt Vorteile mit sich. Denn aus der Forschung weiß man: Menschen in der Gruppe verhalten sich in vielen Fällen nicht anders als ein Rudel Tiere. Das konnten Experimente beweisen, bei denen nur einzelne Gruppenmitglieder eine richtige Anweisung hatten. Letzten Endes kam jedoch die ganze Gruppe am gewünschten Ziel an.
Auch wenn es um komplexe und scheinbar unlösbare Aufgabenstellungen geht, bedient man sich gerne der Intelligenz vieler verschiedener Personen und Fachrichtungen. So steht die Chance höher, zu einer richtigen Lösung zu kommen. Diese Erfahrung hat sich in der Vergangenheit immer wieder bei komplexen Problemen, wie größeren Unglücken gezeigt. Wenn Menschen aus verschiedenen Fachrichtungen zusammengearbeitet haben, kam man der richtigen Lösung schnell näher.
Das gesamte Wissen in einem System dokumentiert
Schluss mit Monopolwissen – Jeder soll wissen was wann mit wem besprochen wurde, um so effizient und strukturiert zusammenzuarbeiten.
Schwarmintelligenz oder Schwarmdummheit?
Doch es ist nicht immer so, dass der Schwarm intelligenter ist als die einzelnen Teilnehmer. Sicherlich gibt es wissenschaftliche Belege für die Schwarmintelligenz. Ein Beispiel ist ein Experiment, das bereits im Jahr 1907 durchgeführt wurde. Dabei sollten Menschen in einer Halle das Gewicht eines Bullen schätzen. Der Mittelwert aller Schätzungen kam erstaunlich nah an das tatsächliche Gewicht des Tieres heran.
Forscher der ETH Zürich haben aber später gezeigt, wie schnell der Schwarm verdummen kann. In diesem Experiment sollten knapp 150 Studenten verschiedene Fragen beantworten. Es ging zum Beispiel um die Länge der italienisch-schweizerischen Grenze oder um die Bevölkerungsdichte der Schweiz. Ein Teil der Studenten musste die Fragen beantworten und erhielt anschließend den Mittelwert der anderen Schätzungen zum Vergleich. Ein anderer Teil der Probanden erhielt bereits vorab die Mittelwerte der anderen Schätzungen. Im Experiment fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Schätzungen schlechter wurden, je mehr die Teilnehmer über die Aussagen der anderen Teilnehmer wussten. Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler: Der soziale Einfluss schmälert die Diversität der Antworten und führt zu schlechteren Ergebnissen.
Wenn du also die Intelligenz von vielen Menschen in der Praxis nutzen willst, ist es wichtig, möglichst viele einzelne Meinungen zu sammeln. Sobald sich Mehrheitsmeinungen bilden, sinkt die Qualität der Antworten. Unternehmen kennen dieses Phänomen aus der Praxis. Dort, wo Teams sehr divers sind, entstehen die besten Innovationen. Das ist zwar durch die Heterogenität der Teilnehmer nicht immer ein leichter Prozess, doch er gelingt. Je homogener jedoch ein Team wird, desto schwerer fallen Innovationen.
Wo wird Schwarmintelligenz in der Realität genutzt?
Bei Schwarmintelligenz geht es oft um die Kommunikation, denn die einzelnen Individuen tauschen ihre Meinungen und Ansichten aus, um zum besten Ergebnis zu kommen. In der Praxis imitieren heute Verkehrsplaner gerne die Schwarmintelligenz. Sie statten dazu Ampel- und Leitsysteme mit Kommunikationsmitteln aus. Durch die Kommunikation sorgen die Systeme für den idealen Verkehrsfluss mit minimalen Staus und Verzögerungen.
Auch die Internetenzyklopädie Wikipedia kann als Beispiel gesehen werden. Nur durch den Beitrag vieler einzelner Individuen ist ein umfangreiches und immer größer werdendes Nachschlagewerk entstanden, das stets auf dem aktuellen Stand ist.
Im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) wird ebenfalls in Bezug auf Schwarmintelligenz geforscht. Dort wird eine Verteilte Künstliche Intelligenz genutzt. Sie basiert auf dem Vorbild von Ameisen, Termiten oder Bienen und soll eine größere Leistung bringen.
Die Vorteile der Schwarmintelligenz
Ein gravierender Vorteil der Schwarmintelligenz ist es, dass es gute Antworten auf komplexe Probleme gibt. Das ist jedoch nur so lange der Fall, wie Einzelantworten unabhängig voneinander gegeben werden. Versucht die Gruppe, gemeinsam einen Konsens zu erwirken, kann die Qualität des Ergebnisses sinken.
Die Nachteile der Schwarmintelligenz
Wenn die Schwarmintelligenz zu einer Art Herdentrieb wird, kann das gravierende Folgen haben. In der Realität ist das beispielsweise während der Finanzkrise 2008 passiert. Damals haben viele Anleger und Investoren das Gleiche gemacht. Leider mit dem gleichen Ergebnis, denn die meisten verloren damals viel Geld. Daher ist es nicht immer vorteilhaft, genau das zu machen, was die anderen tun.
Kritik am Begriff Schwarmintelligenz
Manche Forscher sehen die Übertragung des Begriffs Schwarmintelligenz aus der Tierwelt auf den Menschen kritisch. Sie argumentieren, dass sich Menschen niemals so verhalten wie Vogel- oder Fischschwärme. Sie bevorzugen für das menschliche Gruppenverhalten eher den Begriff Herdentrieb.