Der bekannte Philosoph und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat folgendes Axiom geprägt: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Und wenn du täglich in der Arbeit mit Menschen zu tun hast, weißt du sicherlich, wie wichtig die Kommunikation ist. Schließlich führt nicht vorhandene, fehlerhafte oder unvollständige Kommunikation gerne zu Problemen. Eine Möglichkeit, ein besseres Verständnis für die Kommunikation in der Arbeit zu bekommen, ist das Eisbergmodell. Denn es berücksichtigt nicht nur das, was du oder deine Mitarbeiter sagen, sondern berücksichtigt auch den Kontext des Gesagten.
Hintergründe und Entstehungsgeschichte des Eisbergmodells
Das Eisbergmodell ist eine der wesentlichen Bestandteile der Kommunikationstheorie. Es geht ursprünglich auf die die allgemeine Theorie der Persönlichkeit des berühmten Psychoanalytikers Sigmund Freud zurück. Er hat den Begriff „Eisbergmodell“ allerdings nie verwendet. Dieser wurde erst später von Paul Watzlawick geprägt.
Die Persönlichkeitstheorie von Sigmund Freud zum menschlichen Bewusstsein
Die Persönlichkeitstheorie von Freud unterteilt das menschliche Bewusstsein in drei Ebenen:
- Bewusstsein: Wahrnehmungen und Gefühle
- Vorbewusstsein: Informationen, die jederzeit abrufbar sind
- Unbewusstsein: unwissentlich einwirkende Faktoren
Daneben kennt die Theorie drei Persönlichkeitsebenen: das Ich, das Über-Ich und das Es. Das Ich wird auch als das Realitätsprinzip bezeichnet. Auf dieser Ebene geht es um bewusste und sichtbare Dinge, also das, was wir im Allgemeinen unter Kommunikation verstehen. Das Über-Ich wird auch als Moralitätsprinzip bezeichnet. Auf dieser Ebene geht es um größtenteils unbewusste Dinge aus dem Bereich der Normen und Werte. Das Es verkörpert das Lustprinzip. Es spiegelt die menschlichen Triebe und Bedürfnisse wider, die oft im Unbewussten liegen.
Das Eisbergmodell und seine zwei Ebenen: Sache und Beziehung
Das Eisbergmodell besteht aus zwei Ebenen: der Sachebene und der Beziehungsebene. Beide Ebenen stehen im Zusammenhang miteinander und können nicht isoliert betrachtet werden. Sie bringen das Bewusste und das Unbewusste zusammen.
Die Sachebene ist der sichtbare und bewusste Teil des Eisbergs bzw. der Kommunikation. Zu dieser Ebene zählen Fakten und Zahlen, aber auch Wünsche, sofern sie ausgesprochen sind, und Überlegungen. Die Sachebene ist der deutlich kleinere Teil des Eisbergs und wird als seine Spitze gesehen.

Der weitaus größere, von außen nicht sichtbare Teil des Eisbergs ist die Beziehungsebene. Zu dieser Ebene gehören das Vorbewusstsein und die Vorgeschichte samt der Körpersprache desjenigen, der kommuniziert.
All diese Faktoren kommen zur Kommunikation der Sachebene hinzu und tragen maßgeblich dazu bei, wie eine Nachricht beim Empfänger ankommt. Zu einem Großteil geht es nämlich nicht um Fakten, sondern um Stimmungen, Gefühle, Wertvorstellungen und Antriebe.
Wenn die Beziehungsebene neutral ist, ist auch die Kommunikation meist neutral. Schwieriger wird es jedoch, wenn die Beziehungsebene negativ vorbelastet ist. Dann beeinflusst dies die Sachebene. Schließlich versinnbildlicht das Modell, dass nur etwa 20 % der Kommunikation bewusst (also auf der Sachebene) stattfinden. Der Großteil, nämlich über 80 %, findet nonverbal, also unter der Oberfläche statt. Und genau das ist es, was die Kommunikation oft so schwierig macht, da es um unausgesprochene Dinge geht.
Das Eisbergmodell praktisch angewendet
Da du nun die Hintergründe des Eisbergmodells kennst, fällt es dir im Arbeitsalltag einfacher, deine Kommunikation zu verbessern. Denn du wirst nicht mehr nur darauf achten, was du sagst oder was andere sagen, sondern auch, wie sie es sagen oder in welchem Kontext es steht. Mit der Anwendung des Eisbergmodells und den folgenden Tipps wirst du deine Kommunikation im beruflichen Umfeld deutlich verbessern können.
Setz deine Körpersprache bewusst ein, um das Gespräch zu unterstützen
Wenn du mit einem Mitarbeiter sprichst, dann wende dich ihm aktiv zu und achte darauf, ob ihr eine Verbindung (den Rapport) miteinander habt. Wenn diese Verbindung besteht, wird die Kommunikation auf der Sachebene viel besser und zielgerichteter ablaufen. Zudem ist es empfehlenswert, sich im Gespräch körperlich auf der gleichen Ebene zu befinden. Wenn du mit einem Kollegen sprechen willst, der sitzt, dann setz dich ebenfalls hin. Wenn jemand steht, dann richte dich ebenfalls auf. So kannst du im wahrsten Sinne des Wortes mit deinem Gegenüber auf Augenhöhe kommunizieren.
Hör deinem Gegenüber aktiv zu
Hör deinen Mitarbeitern aktiv zu. Das bedeutet, dass du nicht nur deine volle Aufmerksamkeit auf das Gespräch lenkst, dein Handy ausschaltet und deine Bürotür schließt, sondern auch, dass du aktiv am Gespräch teilnimmst. Dazu gehört es, dass du Rückfragen stellst oder das Gesagte noch einmal in deinen eigenen Worten zusammenfasst und wiedergibst.
Achte auf die Gesprächsvorlieben deiner Kollegen
Jeder Mensch hat andere Vorlieben bezüglich des Kommunikationskanals. Es gibt etwa die Kollegin, die am liebsten sofort zum Hörer greift und gerne alles am Telefon bespricht. Ein anderer schreibt am liebsten E-Mails, der dritte Kollege zieht das persönliche Gespräch allen anderen Optionen vor. Und ein vierter nutzt am liebsten Teams zur Kommunikation, selbst wenn du nur drei Meter von ihm entfernt sitzt. Wenn du die Vorlieben deiner Kollegen kennst, kannst du dich anpassen und sie auf dem richtigen Kanal erwischen.
Das Gleiche gilt für die Art der Sprache. Manche Mitarbeiter bevorzugen direkte Aufforderungen und Anweisungen. Andere fühlen sich durch einen direkten Stil angegriffen und möchten Dinge durch die Blume gesagt bekommen. Vor allem dann, wenn du im internationalen Umfeld arbeitest, kann das Wissen um sprachliche Feinheiten ein wahrer Gamechanger sein.
Fazit zur Kommunikation im beruflichen Alltag
In der täglichen Kommunikation – ob beruflich oder privat – ist es nicht nur wichtig, was du sagst, sondern auch, wie du es sagt. Berücksichtige dabei immer, dass das Verhältnis zwischen verbaler und non-verbaler Kommunikation etwa 20 zu 80 beträgt. Achte bei Gesprächen auf die subtilen Signale in Körpersprache, Tonlage, Mimik und Gestik.