Unser Gehirn ist ein faszinierendes Gebilde. Im Alltag ist uns oft gar nicht bewusst, zu welchen Leistungen unsere grauen Zellen fähig sind. Dennoch gibt es in unserem Gedächtnis auch Limitationen und Begrenzungen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass jeder Mensch etwa sieben Sachen gleichzeitig in seinem Kurzzeitgedächtnis behalten kann. Man nennt dies auch die Millersche Zahl. Was genau dahinter steckt, erklärt dieser Beitrag.
Die Millersche Zahl kurz erklärt
Die Millersche Zahl geht auf den US-amerikanischen Psychologen George Armitage Miller zurück. Er veröffentlichte seine Beobachtungen dazu bereits im Jahr 1965. Die Millersche Zahl ist Ausdruck dafür, dass der Mensch etwa sieben (plus /minus zwei) Einheiten an Informationen gleichzeitig in seinem Kurzzeitgedächtnis erfassen und verarbeiten kann. Ein Synonym für die Millersche Zahl ist der englische Begriff „The Magical Number Seven“. Diese Zahl prägte auch der englische Philosoph und Arzt John Locke – und zwar bereits 300 Jahre früher. In Experimenten zeigte Locke Menschen verschiedene Gegenstände. Dabei kam er zu der Erkenntnis, dass die meisten Menschen sieben Gegenstände im Gedächtnis behalten können – zumindest für eine kurze Zeit. Bat Locke seine Probanden jedoch, acht Gegenstände im Gedächtnis zu behalten, wurden die Ergebnisse signifikant schlechter. Die Zahl sieben scheint also in Bezug auf das menschliche Gedächtnis wahrlich etwas Magisches zu haben. Menschen, die es schaffen, acht oder mehr Gegenstände in ihrem Gedächtnis zu behalten, liegen mit ihrer Gedächtniskapazität über dem Durchschnitt. George Armitage Miller fand außerdem heraus, dass die Gedächtniskapazität genetisch festgelegt ist. Ob man eher fünf oder gleich neun Informationseinheiten gleichzeitig im Kurzzeitgedächtnis behalten kann, lässt sich nicht trainieren, sondern ist angeboren.
Ein praktischer Test zur Millerschen Zahl
Nun bist du vielleicht selbst neugierig geworden und fragst dich, wie es um dein eigenes Gedächtnis und seine Kapazität bestellt ist. Vielleicht bist du der Meinung, dass du mit deinem Kurzzeitgedächtnis über dem Durchschnitt liegst und dir auf jeden Fall mehr als sieben Informationen merken kannst. Der folgende Test wird dir Klarheit bringen. Dabei handelt es sich um Ketten von Buchstaben und Zahlenfolgen.
Zahlenfolge: 7 3 4 6 0 2
Buchstabenfolge: Z C H W T R
Schaue dir die Folgen kurz an und schließe dann die Augen. Kannst du die Kombinationen wiedergeben?
Für die meisten Menschen ist das kein Problem. Doch, wie dir sicher aufgefallen ist, handelt es sich bei den Folgen nur um sechs verschiedene Elemente.
Daher gibt es nun einen zweiten Test.
Zahlenfolge: 3 8 0 3 4 5 1 9 8 4 5 8 1
Buchstabenfolge: O R A H G L K P Q C Z S I
Präge dir jeweils eine der Kombinationen ein und schließe die Augen. Wie viele Elemente kannst du aus dem Gedächtnis wiedergeben? Die meisten Menschen kommen hier – wie sollte es anders ein – auf sieben Zahlen bzw. Buchstaben, an die sie sich aus dem Kurzzeitgedächtnis erinnern können. Und das entspricht der Millerschen Zahl.
Gibt es wirklich keine Möglichkeit, um die Millersche Zahl zu überwinden?
Vielleicht hast du dich schon mit dem Thema Training für dein Gedächtnis auseinandergesetzt oder du bist immer daran interessiert, dich weiterzuentwickeln. Dann möchtest du bestimmt auch die Millersche Zahl überwinden. Und es gibt in der Tat einen Trick bzw. eine Methode dazu. Die Methode dazu nennt sich „Chunking“.
Mit Chunking die Millersche Zahl überwinden
Ist es also unmöglich, mehr als sieben Informationen zu behalten – ohne diese durch längeres Auswendiglernen und Einprägen ins Langzeitgedächtnis zu transportieren? Nein, es gibt einen Trick für größere Informationsmengen. Du kannst die Informationseinheiten sortieren oder in Gruppen anordnen, um dich an diese als gemeinsame Einheit zu erinnern. Dieses Vorgehen wird als „Chunking“ bezeichnet. Das Wort „Chunk“ ist englisch und bedeutet Stückchen oder Brocken. Beim Chunking geht es darum, die Zahlen zu gruppieren. Somit kann sich dein Gedächtnis mehr als sieben Elemente merken. Ein Beispiel sind Telefonnummern. Sie bestehen in der Regel aus mehr als sieben Einheiten. Wenn du diese Einheiten jedoch gruppierst, bleiben sie dir länger im Gedächtnis. Das betrifft sowohl das Kurz- als auch das Langzeitgedächtnis.
Chunking durch Sortieren von Buchstaben
Kannst du dich noch an das Buchstabenbeispiel von oben erinnern? Die 13 Buchstaben ohne Ordnung im Gedächtnis zu behalten, ist eine große Herausforderung. Es ist jedoch leichter, wenn du die Buchstaben sinnvoll gruppierst.
Die Buchstabenfolge O R A H G L K P Q C Z S I ist schwer im Gedächtnis zu behalten. Wenn du jedoch Gruppen oder Fantasieworte bildest, ist es einfacher.
ZORGA KLISCH PQ
In diesem Fall bleiben für dein Kurzzeitgedächtnis nur noch drei Elemente übrig. Wenn du dir in Zukunft also Buchstabenreihen merken möchtest, versuche, sie sinnvoll zu gruppieren. Dann bekommst du viele Informationen leicht in dein Gedächtnis.
Was die Millersche Zahl für den Alltag bedeutet
Da du nun weißt, dass das Kurzzeitgedächtnis selten mehr als sieben Elemente aufnehmen kann, kannst du dir deinen Alltag etwas erleichtern. Wenn du anderen Menschen Informationen weitergeben willst, die sie im Kurzzeitgedächtnis behalten sollen, achte darauf, dass es maximal sieben Informationen sind. Wenn dein Partner für dich einkaufen soll und es mehr ist als Milch und Brot, tu ihm den Gefallen und schreibe ihm eine Liste. Wenn du an Präsentationen arbeitest oder Dinge gliederst, achte ebenfalls darauf, dass du nicht mehr als sieben Punkte auf einmal besprichst. Andernfalls ist das Kurzzeitgedächtnis schnell überfordert.
Kritiker führen allerdings an, dass es nicht auf die reine Anzahl der Informationen ankommt, sondern vielmehr auf deren Anordnung. Sind Informationen gut bzw. sinnvoll gruppiert, lassen sich etwa auch längere Sätze als Sieben-Wort-Sätze problemlos aus dem Kurzzeitgedächtnis abrufen.